Sich überwinden - Brücken nicht einreißen

Discrimination No Thanks
Original-Foto von Andreas Thürck

Ich hatte, wie jedes Jahr, auch diese Saison wieder supergeile Tage auf dem CSD in Frankfurt. Auch wenn unser Auftritt auf der Demonstration mehr Mainstream als kritisch war...
Mittlerweile habe ich auch mitbekommen, dass es wohl am CSD-Sonntag einen "Flashmob" gegeben haben soll, der den so genannten "Gaucho-Tanz" aufgegriffen hat. Initiator war der Moderator auf der Hauptbühne Thomas Bäppler-Wolf (auch bekannt als Bäppi). Und seine Intention war nicht, sich kritisch mit dem Verhalten der Spieler des deutschen Nationalteams und der Herabsetzung anderer (Gauchos/Argentinier_innen/Homosexuelle/Queers) auseinanderzusetzen, sondern das Gegenteil: Er wollte denjenigen, die beim Thema Patriotismus und Nationalismus nicht ganz so unverkrampft sind wie er selbst, damit sagen, dass sie Spießer und Klugscheißer sind:

Screenshot: facebook.com/baepplerwolf
Screenshot: facebook.com/baepplerwolf

Und damit nicht genug: Statt den Moderator davon abzuhalten, auf der Hauptbühne so eine Nummer abzuziehen, die nichts mit dem CSD zu tun hat, sich sogar gegen dessen Ziele stellt, wurde dieser Aufruf (nach einer Korrektur der Rechtschreibung) sogar auf der offiziellen Facebookseite des CSD Frankfurt geteilt:

Screeenshot facebook.com/CsdFrankfurt
Screeenshot facebook.com/CsdFrankfurt

Die Facebookseite des CSD Frankfurt wurde ebenso wie die Bühne auf der Konstabler Wache genutzt, um abseits jeglicher Thematik eines Christopher-Street-Days diejenigen, die das Verhalten der jungdummen Fußballmillionäre kritisiert haben, als "Spiesser und Klugscheisser" [sic!] abzustempeln. Eine Veranstaltung deren Hauptziel ist, Diskriminierung abzubauen, hat einen diskriminierenden Programmpunkt auf ihrer Bühne.

Dies wiederum hat heftige Gegenreaktionen hervorgerufen: Die schärfste Kritik kam vom DJ der offiziellen CSD-Closing-Party Oliver (Whats-Next.eu). Auch wenn ihm "Gaucho-Gate" relativ egal ist, so wundert ihn jedoch, dass Bäppler-Wolf überhaupt moderieren soll und wartet mit einigen Bäppi-Zitaten aus den letzten Jahren auf, die nicht recht zum CSD-Motto "Grenzen überwinden - Brücken schlagen" passen. In der Vergangenheit wurden von Bäppi Aussagen getroffen, die ich als roma- und fremdenfeindlich einstufen würde und die niveaumäßig und rhetorisch astrein in die Bild-"Zeitung" passen.
Olivers Blogeintrag endet damit, dass er seiner Verärgerung über den CSD-Verein noch einmal ordentlich Luft macht die Verantwortlichen am Ende "Kleingärtner" nennt.

Die relativ verständliche Reaktion des CSD Frankfurt kam postwendend: Man hat sich kurzfristig für einen anderen DJ entschieden, der auf der Closing Party auflegen soll. Ich denke ich hätte es auch so gemacht. Der Fall hätte in der Kürze der Zeit nicht ausdiskutiert und geklärt werden können. So war es sicher für beide Parteien besser.

Screeenshot facebook.com/CsdFrankfurt
Screeenshot facebook.com/CsdFrankfurt

Ich bin sehr gespannt, wie es in diesem Fall nun weiter geht. Bisher habe ich nichts darüber lesen können, dass es zu einem klärenden Gespräch gekommen oder man einen Schritt aufeinander zugegangen ist. Es ist zu hoffen, dass sich dies bald ändert.
Auch wenn die Kritik sehr harsch und für mein Empfinden ziemlich spät kam: Sie ist berechtigt. Weder die Bühne noch der Internetauftritt dürfen von Personen eingenommen und für Initiativen zweckentfremdet werden, die sich gegen den Geist eines CSDs stellen.
Ich wünsche dem CSD Frankfurt, dass er seiner Entwicklung der letzten Jahre treu bleibt und immer queerer und politischer wird.
Und hierzu gehört auch, sich gegen Antiziganismus und populistisches Sozialbashing, also kurzum alle Formen von Diskriminierung zu stellen.


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UPDATE

Pünktlich vor dem CSD Frankfurt 2015 kam die Meldung, dass Thomas Bäppler-Wolf den Blogger Olli angezeigt hat.
Strafantrag wegen Beleidigung, wie die Frankfurter Neue Presse schreibt.
Es fällt mir schwer, das neutral und wertungsfrei zu kommentieren. deshalb sage ich nichts.

Auch in diesem Jahr stand Thomas Bäppler Wolf wieder mehrmals auf der Bühne des CSD Frankfurt.
Am CSD-Sonntag wurde er offiziell verabschiedet.


Der Vollständigkeit halber hier noch eine Pressemitteilung des Rechtsanwalts der Olli von whatsnext vertritt:
http://www.whats-next.eu/?q=node%2F869

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