Unmut macht sich breit in Darmstadt. Zwei Bloggerinnen, von denen eine mutmaßlich Lesbianerin ist, verbreiten explizite Texte und Bilder. Nicht nur im Internet, sondern auch in der ganz konkreten Öffentlichkeit! Sex ohne Liebe, Sex mit mehreren anderen, Zigaretten, Alkohol, Ausschweifungen, Dildos, lange Ausschlafen! Nirgendwo weit und breit ein Mann zu sehen. Lesbianerinnen, mitten unter uns!

Aber jetzt mal im Ernst: Ist das nun alles wahr oder nicht? Keine Ahnung. Was ich weiß: Die Lesungen sind noch schöner als die Texte selbst zu lesen und die Bilder gehören an jeden Laternenpfahl geklebt!

Betrachtet man sich die Art und Weise, wie Lesben(!) in der medialen Kultur verhandelt werden, wiederholt sich bei alten Filmen immer wieder das gleiche Bild von der "Lesbierin" als unbekanntes oder unheimliches Wesen. Gerade in den Horrorfilmen der 1940er Jahre wie "Rebecca" von Alfred Hitchcock oder den vielen lesbischen Vampirfilmen sehen wir das Motiv des jungen unschuldigen Mädchens das von einer eiskalten, entmenschlichten Frau bedrängt wird.
Heute changiert die Vorstellung von lesbischen Frauen eher zwischen einer männlich-sexualisierten Pornofantasie und dem beleidigenden Stereotyp vom unzufriedenenen und unattraktiven Mannsweib. Wie das zusammen geht... Na ja. Das wissen die mit solchen Bildern im Kopf sicher auch nicht.

Der Gegenentwurf den die Macherinnen meines neuen Lieblingsblogs bringen, ist sehr clever und verbindet 100 Jahre alte Klischees mit Zuschreibungen die aktuell immer noch grassieren. Sie arbeiten mit und gegen diese Klischees. Die beiden erfinden die Lesbianerin. Sie greifen das unbekannte Wesen wieder auf. Die Lesbianerin ist also weder Lesbe, noch "Lesbierin" oder "Marsianerin", sondern etwas ganz eigenes. Gleichzeitig zeichnen die Texte und Grafiken ein ausgelassenes Bild von Lesbianerinnen, die sexpositiv sind, sich nehmen was sie möchten, tun was ihnen und ihrem Gegenüber gefällt, untereinander auf Augenhöhe handeln.
Sie sind keine Pornofantasien und auch keine unbefriedigten Stereotypen, denen man nachsagen könnte sie müssten nur mal mit dem richtigen... NEIN! Sie interessieren sich nicht für Männer. Die existieren für sie gar nicht. Genauso wenig wie heteronormative Moral, die irgendwas von ihnen verlangt. Da will ich am liebsten auch eine Lesbianerin sein! (Hui das ist aber nun wirklich ganz schön weit aus dem Fenster gelehnt)

Die letzte Lesung in der Oetinger Villa war bis auf den letzten Platz voll besetzt mit Frauen  (und ein paar Männern) aller sexueller Orientierungen die sich die lässig vorgetragene Show angehört und angesehen haben. Es gab ein bisschen Prosecco aus der Dose (wahrscheinlich um Tunten wie mich anzulocken) und viele Sticker, Taschen und Shirts mit ziemlich vaginalen Motiven drauf. Es wurde viel gelacht und im Anschluss nach dem Programm auch lange über das Leben als lesbi(ani)sche Frau, eingetragene Lebenspartnerschaften, die Schere, Frauenbilder, Lesbenbilder und so weiter gesprochen. So etwas hat es mal wieder gebraucht und davon sollte es mehr geben.

 Ich bin ein Fan!