Rede zum CSD Darmstadt 2021

Zum 10-jährigen Jubiläum des CSD Darmstadt durfte ich dieses Jahr wieder bei der Kundgebung sprechen. Darüber habe ich mich sehr gefreut.

 

Da nicht alle dabei sein konnten und manche vielleicht auch nicht alles gehört haben, steht meine Rede hier nun noch mal online.

 

Der Christopher Street Day in Darmstadt ist für mich von Beginn an ein unheimlich wichtiges Ereignis. Ich bin so dankbar, dass eine kleine Gruppe Menschen es Jahr für Jahr schafft, diesen Tag zu organisieren und uns eine unvergleichliche Veranstaltung zu bescheren.

 

Danke an vielbunt und hier vor allem die die CSD-Gruppe!

 

Hallo meine lieben Menschen

 

 

Ich freue mich unheimlich, heute hier auf dem Karolinenplatz vor euch zu stehen und so viele Gesichter zu sehen. HAPPY PRIDE!

 

Seit es mich gibt, wohne ich in dieser Stadt. Und seit es den CSD Darmstadt gibt, war ich dabei. Seither haben sich der CSD, unsere Community, unsere Stadt und auch die Welt in der wir leben verändert.

 

Wir sind mehr geworden! Und damit meine ich die Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans, die zu sich stehen, zusammenhalten und für ihre Sache streiten. Ich meine aber auch die vielen Unterstützerinnen und Unterstützer, die mit uns demonstrieren, zu uns halten und für uns einstehen. Schön, dass wir alle da sind.

 

 

In 10 Jahren CSD Darmstadt konnten wir viele Menschen zusammenbringen, politisieren und dazu bewegen, selbst aktiv zu werden. Das hat uns als Community und auch unserer Stadt gutgetan. Das hätte ich mir niemals träumen lassen, als ich vor 10 Jahren mit einer Handvoll anderer Leute unser erstes kleines CSD-Fest gefeiert habe.

 

 

Ja, ich weiß, es war nicht der CSD Darmstadt im Alleingang, der die Ehe für alle und andere Errungenschaften gebracht hat. Aber der CSD Darmstadt, also wir alle, waren mit beteiligt. Weil jeder noch so kleine CSD und jeder Aktivist und jede Aktivistin Teil ist, einer großen Bewegung, die eben nur so groß ist, weil sie so viele Teile hat. Kleine Veränderungen hier bei uns wirken sich auch auf den Rest der Welt aus.

 

 

2018 war unser Motto Trans* Pride. Wir haben damit klargemacht: Der CSD ist keine bunte und schrille Schwulenparade. Der CSD ist eine internationale Protestbewegung, für sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung. CSD ist trans und trans ist Teil der Community. Dass wir zusammenhalten, konnten alle in Darmstadt und darüber hinaus deutlich hören, sehen und spüren und es ist bis heute eine Selbstverständlichkeit. [Bunt und Schrill sind wir aber trotzdem gern]

 

 

Bei mehreren CSD-Kundgebungen haben wir gehört, wie die Situation von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten in anderen Ländern aussieht und wie es lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans Asylsuchenden in Deutschland ergeht. 2012 hat auf dem Luisenplatz hat ein befreundeter Aktivist berichtet, wie eine CSD-Parada in Split (Kroatien) mit Steinen und Flaschen beworfen wurde. 2014 hatten wir Pavel aus Russland zu Gast, der kurz zuvor wegen des Zeigens der Regenbogenfahne bei den Olympischen Winterspielen in Sotchi verhaftet wurde und daraufhin nach Deutschland geflüchtet ist. Wir hatten 2017 Lilith von den Queer Refugees for Pride da, die sich seit Jahren für LSBT*IQ Geflüchtete einsetzt.

 

 

Jedes Mal haben wir aufmerksam zugehört und Konsequenzen gezogen. Die Queere Community in Darmstadt blickt über Stadtgrenzen und Landesgrenzen hinaus: Wir suchen Kontakt zu Aktivist_innen in unserer Partnerstadt in Polen, die staatlichen Repressalien ausgesetzt sind. Wir setzen uns ein für LSBT in Ungarn, Tschetschenien, Kenia und Jamaika. Wir bleiben wachsam, weil es nötig ist.

 

 

Und auch hier Ort sind wir aktiv: Seit 2015 gibt es ein Hilfsprojekt für geflüchtete Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans. Wer aus Verfolgerstaaten den Weg bis nach Darmstadt geschafft hat, erhält hier Unterstützung von der warmen Jacke bis zur Begleitung im Asylverfahren. Und das werden wir auch weiterhin tun.

 

Ihr habt sicherlich auch die schrecklichen Nachrichten aus Afghanistan gesehen. Die Angst vor dem islamistischen Terror der Taliban treibt viele Menschen vor Ort in die Verzweiflung. Besonders gefährdet sind Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans. Ihnen droht nicht mehr „nur“ Gefängnis und Folter, ihnen droht der Tod durch Steinigung oder Erschlagen. In diesen Tagen können wir nur hoffen, dass verfolgte Minderheiten der islamistischen Terrorherrschaft entfliehen können. Wir müssen uns einsetzen, wo es uns möglich ist und für die, die es zu uns schaffen werden wir selbstverständlich da sein. Darmstadt ist ein sicherer Hafen und wir nehmen das ernst.

 

 

Und noch eine Sache aus den letzten 10 Jahren will ich noch loswerden und uns allen in Erinnerung rufen. Den Kampf der queeren Community gegen Rechts, Wir wollen keine Rechten in den Parlamenten, wir wollen keine Nazis, wir wollen keine AfD. Das haben wir immer wieder deutlich gemacht, in dem wir in etlichen Bündnissen gegen Rechts mitgewirkt haben. Wo Nazis in Darmstadt auftauchen stellen wir uns ihnen entgegen. Und wenn sie woanders aufmarschieren, in Wiesbaden, Frankfurt, Karlsruhe oder Stuttgart, dann buchen wir eben einen Bus und lassen sie wissen: Wir sind die Perversen, wir sind euch auf den Fersen.

 

Rechter Hass, von den Hetzern der AfD, von Nazis der NPD, von den Feiglingen der Identitäten Bewegung oder dem III. Weg und den verlogenen Rattenfängern der selbsternannten Demo für Alle - Rechter Hass bleibt hier nicht unwidersprochen. Wir glauben an eine Gesellschaft, die in ihrer Vielfalt etwas positiv sieht, die Menschen zusammenbringt und solidarisch ist mit Minderheiten. Wir wollen Akzeptanz, Selbstbestimmung und Freiheit. Dafür demonstrieren wir hier seit 10 Jahren und heute wieder.

 

 

Das ist mein CSD. So hätte ich es mir nicht ausdenken können und ich würde ihn nicht anders haben wollen.

 

 

Danke, dass ihr heute alle hier seid.
Danke, dass ihr die letzen Jahre dabei wart.
Und danke, dass ihr die Bewegung weiter lebendig haltet.

 

 

Stonewall was a Riot, Refugees Welcome, Nazis raus – Danke!